Aussig (Böhmen), 4. Juli 1925 - Regensburg, 12. Jänner 2014
Frau Schretzenmayr wurde am 4. Juli 1925 als Lore Schiepeck in der Stadt Aussig in Nordböhmen geboren, ist hier auch aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat hier auch maturiert.
Bereits im Juni 1945 wurde sie als Sudetendeutsche mit ihrer Mutter und ihren Schwestern in offenen Loren nach Cottbus abgeschoben und gelangte schließlich nach Regensburg, wo sich die Familie ansiedeln konnte. Sie arbeitete als Hauslehrerein, ließ sich zur Dolmetscherin ausbilden, besuchte dann eine Hotelfachschule in Bad Reichenhall und war anschließend in diesem Bereich beruflich tätig, unter anderem in Rüdesheim am Rhein.
Bereits im Jahr 1935, als 10-jähriges Mädchen, hatte ein Familientreffen ‚Seiche‘ im Dorf Auschine, Pfarrei Kulm im Bezirk Aussig ihr Interesse an Familienforschung geweckt und das blieb sie bis zu ihrem Lebensende so.
Frau Schretzenmayr trat 1968 dem ‚Bayerischen Landesverein für Familienkunde (BLF)‘ bei. Als 1991 dessen Bezirksgruppe Oberpfalz‘ unvermutet einen neuen Vorsitzenden suchen mußte, stellte sie sich spontan und uneigennützig zur Verfügung und leitete sie bis 2007. Sie blieb dem BLF bis an ihr Lebensende eng verbunden, u.a. als Delegierte zur Landesversammlung.
1971 war sie eines der Gründungsmitglieder der ‚Vereinigung Sudetendeutscher Familienforscher (VSFF)‘ (Mitgliedsnummer 4) und anfangs auch deren Kassenwartin.
1995 wurde sie zur Vorsitzenden gewählt und blieb es bis 2001. Anschließend fungierte sie als Beirätin.
Von 1987-2001 leitete sie auch das Sudetendeutsche Genealogische Archiv (SGA), das auch in ihrem Wohnhaus in Regensburg untergebracht war.
Nach der Wende gehörte sie zu den Mitgründern der ‚Akademie für Genealogie, Heraldik und verwandte Wissenschaften‘, in deren Präsidium sie Mitglied wurde.
Von 1986 bis 1990 war sie im Vorstand der ‚Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher (AGoFF)‘, bis 1998 deren stellvertretende Schriftführerin und leitete 1995/1996 sowie von 1997-2001 deren Forschungsstelle Sudetenland.
Frau Schretzenmayr gehörte zu den Organisatoren der Deutschen Genealogentage 1976 in Regensburg und 1982 in Passau, schrieb Fachartikel zur Genealogie, führte Ahnenforscher zusammen, veranstaltete Tagungen und kuratierte Ausstellungen, organisierte zahllose Fachseminare zur ost-, sudeten- und mitteldeutschen Familiengeschichtsforschung und vermittelte dabei überzeugend und mit profunder Sachkenntnis heimat- und familiengeschichtliche Zusammenhänge.
Sie blieb lebenslang ihrer Heimatstadt Aussig verbunden, besuchte sie ab 1965 regelmäßig, hielt guten Kontakt zum Stadtarchiv, arbeitete im ‚Hilfsverein Aussig‘ mit und hielt Kontakt zu ihren Schulkollegen vom Aussiger Gymnasium.
Zusätzlich erforschte sie auch die Familie ihres 1987 verstorbenen Gatten, des Architekten Helmut Schretzenmayr aus Lauingen/Donau und darüberhinaus alle Namensträger Schretzenmayr weltweit.
Für ihre Tätigkeit erhielt Frau Schretzenmayr das Bundesverdienstkreuz der Republik Deutschland, wurde 1998 zum Ehrenmitglied der AGoFF ernannt, 2006 auch des BLF.
2001 wurde sie durch die Verleihung der ‚Adalbert-Stifter-Medaille‘ der ‚Sudetendeutschen Landsmannschaft‘ geehrt, für ihre genealogischen Aktivitäten, aber auch für ihr stetes Engagement in der Kultur- und Frauenarbeit der Sudetendeutschen Landsmannschaft.
Sie blieb bis ins hohe Alter agil und mobil, ich habe sie bei mehreren Veranstaltungen erlebt wo sie weit jüngere Kollegen weit in den Schatten gestellt hat. Durch ihr jahrzehntelanges Engagement hat sie nicht nur viel für die Genealogie geleistet, sondern auch maßgeblich zum Erhalt des kulturellen Erbe ihrer Heimat beigetragen.
2011, knapp vor ihrem 86ten Geburtstag, ist sie auch unserer Familia beigetreten (Mitgliedsnummer 250) und hat sich bis zuletzt vor allem um Forschungsanliegen in Aussig und Umgebung gekümmert.
Wir werden stets mit Hochachtung und Dankbarkeit an diese fleißige, kompetente und umsetzungsstarke Kollegen zurückdenken.
Günter Ofner, Wien im September 2020