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Die Herkunft unserer Namen.

Nach F. Wichtrei.

Die Sitte, zwei Namen zu führen, ist verhältnismäßig jung. Die Germanen gaben den Neugeborenen nur einen Namen, der aber eine bestimmte Bedeutung hatte. So Bernhart (Bernhard), d.h. stark wie ein Bär; Kuonrat (Konrad), kühn im Rat usw. Schon in uralter Zeit wurden die Namen häufig abgekürzt. So wurde aus Godofried (Gottfried) Götz, aus Hugibert Hugo, Hugilo, später Hügel, Henglin usw.

Eine Unterscheidung zwischen Familiennamen und Vornamen (Taufnamen) wurde erst lange nach der Einführung des Christentums, etwa im 14. Jahrhundert, allgemein üblich.

Zur Bildung der Familiennamen trugen viele Äußerlichkeiten bei. Die Familiennamen Lang, Groß, Braun u.a. deuten auf körperliche Eigenschaften ihrer ersten Träger hin. Die Namen Wiener, Prager, Hofer, Häusler weisen auf den ehemaligen Wohnort; Böhm, Frank, Schwab, Bayer, Pollak auf die Landesherkunft hin.

Wie sehr der Arbeitsberuf die Familiennamen bilden half, geht aus der großen Zahl von Namen hervor, die auf das Berufsleben hinweisen. Es gibt unzählige Bauer, Müller, Binder, Fischer, Jäger, Schmied, Schuster, Weber, Holzer, Glaser, Schenk, Zeidler (Bienenzüchter) usw. Die Namen Polzer, Bogner, Beutler, Feiler, Reifner haben ihren Ursprung in Gewerben, die längst eingegangen sind. Das Gewerbe der Schindelmacher hat vielen Familien den Namen Schindler gegeben. Hofmann bezeichnet nicht einen Mann vom kaiserlichen Hofe, sondern einen ehemaligen Hörigen oder Leibeigenen. Der Meier ist ein Verwalter eines Hofes.

Die Namen Kaiser, König, Herzog, Prinz, Fürst, Graf, Abt, Bischof rühren teilweise von alten Hausschildern her, wodurch ehemals die Gewerbebetriebe kenntlich gemacht wurden. Die Häuser waren damals nicht nummeriert, sondern trugen, wie heute noch Apotheken und Gasthäuser, besondere Abzeichen. Auf diese Weise entstanden auch Familiennamen aus dem Tier- und Pflanzenreich, z.B. Löwe, Bär, Wolf, Geier, Euler, Ziegert, Eichler, Lindner.

Nach der örtlichen Lage des Hauses ist Pichler (Büchler) benannt. Er wohnt auf einem Bühel; der Leitner aber auf einer "Leiten" (Abhang); der Sonnleitner auf der Sonnenseite, der Schattleitner auf der Schattenseite. Der Schacher (Schachinger) wohnte im oder beim Schachen (Wald).

In vielen Gegenden vererbt sich der Name des Hauses immer wieder auf den neuen Besitzer. Der Hausname bleibt, die Besitzer wechseln (Vulgonamen).

Im alten vielsprachigen Österreich wurden die Namen häufig willkürlich verändert; slawische Namen wurden verdeutscht, deutsche slawisiert oder magyarisiert. - Der Familienname soll uns heilig sein; seinen "guten Namen" nicht zu beflecken, ist Pflicht jedes ehrliebenden Menschen.

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Ergänzung (gm)

Namensgeschichte, nicht Namensdeutung ist die Forderung an jeden seriösen Forscher. Hundertprozentige Sicherheit in der Erklärung jedes einzelnen Familiennamens ist das Ziel, der Namensgeschichte. Das bedeutet daß bei jedem Familiennamen zurückzustoßen ist, bis man urkundliche Aufklärung über Herkunft, Bedeutung und die näheren Umstände der Familientaufe findet. Die Urform muß gefunden werden, nicht geraten.

Was die Zeit betrifft, so wird immer wieder übersehen, daß die große Masse unserer Familiennamen erst im 14. bis 16. Jahrhundert entstanden sind, in einer Zeit also, als vom altdeutschen Namensschatz, dessen Verfall sich im 10. bis 13. Jahrhundert vollzieht, nur noch Reste im Gebrauch waren. Trotzdem werden die altdeutschen Namen immer wieder zur Erklärung der Familiennamen herangezogen. Doch nicht altdeutsche Namen aus heidnischen Zeiten, sondern die Heiligennamen der Kirche, damals hauptsächlich als Taufnamen benutzt, bilden in den verschiedensten, von den einzelnen Volkssprachen gemodelten Formen der Heiligenverehrung und Namensgebung, den überwiegenden Grundstock der Familiennamen. Die Namensgebung nahm in den Städten ihren Anfang, der ländliche Raum folgte erst später nach. Der Anteil der Namen ( der hebräischen, griechischen, römischen ), die auf kirchliche Taufnamen zurückgehen und häufig auf eingedeutschte, mundartlich beeinflußte oder von fremdsprachiger Zunge geprägte Formen zurückgeht, wird als recht hoch anzunehmen sein. Mundartlich gesetzmäßige Lautübergänge und Verbalhornungen wieder wettzumachen, also eine schriftsprachliche Form herzustellen, war häufig das Bemühen der Matrikenführer, der Herrschaftsbeamten und Schreiber, das freilich mit meist untauglichen Mitteln, so daß falsche Verhochdeutschungen entstanden.

Als zur Zeit des Humanismus, das Lateinische, die Sprache der Gebildeten wurde, wurden die zweiten Fälle lateinischer Rufnamen, zum Familiennamen. Z.B. Jacobi, Nicolai.

Die Herkunftsnamen, Ortsnamen, Haus- und Hofnamen manchmal unter Bildung der Nachsilbe = er, sind auch recht häufig anzutreffen. Der aus Wiesbaden abstammt, der Wiesbadener. Besonders deutlich: aus Eger, der Egerer.

(Quelle der Ergänzung: Sudetendeutsche Familienforschung der Vorkriegs- und Kriegsjahre. Als weiterführende Literatur, mit vielen hier nicht genannten Beispielen, sehr empfehlenswert!)