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Preßburg 1. Februar 1941 – Krems, 27. Februar 2012

Herr Heinrich Fleischer wurde mitten im 2. Weltkrieg in Preßburg geboren, einem damals ruhigen Flecken inmitten des Infernos. Seine Eltern waren der Lehrer und Chemiker Dipl.-Ing. Josef Otto Fleischer und Olga Helwich, die 1931 in Jince geheiratet hatten. Die väterliche Großmutter Anna Franziska Fleischer wohnte damals in Engerau (slowa. Petržalka) am anderen Donauufer. Der Vater unterrichtete ab 1930 an der Deutschen Handelschule in Preßburg.

1944, nach der Bombardierung Preßburgs, zog die Mutter mit Tochter Irmgard Maria und Sohn Heinrich zu ihren Eltern nach Hostomitz (tsch. Hostomice pod Brdy), ca. 40 km südlich von Prag, der Vater kam 1945 nach. Nach Kriegsende wurde die gesamte Familie als "Deutsche und Nazis" verhaftet. Die Mutter und die Kinder wurden dank heftiger Interventionen der (tschechischen) mütterlichen Großeltern nach einigen Wochen wieder freigelassen, der Vater zu Weihnachten 1945.

Der Vater, der es ablehnte sich als Tscheche zu deklarieren, ging 1948 nach Krems, wo seine Mutter hin vertrieben worden war und erreichte 1950 die legale Ausreise seiner Familie aus der inzwischen kommunistischen CSSR. Er bekam eine Anstellung als Lehrer an der Handelsschule Krems. Heinrich setzte dort die in Hostomitz begonnene Volksschule fort, lernte rasch perfekt Deutsch und die Familie gewöhnte sich rasch ein. 1951 – 1959 besuchte er die Realschule Krems, wo er auch maturierte.

Nach der Zeit beim Bundesheer (Pioniertruppenschule Klosterneuburg) inskribierte Heinrich Fleischer 1960 an der Technischen Hochschule (heute „Technische Universität”) Wien Chemie. Er legte 1966 die II. Staatsprüfung ab und erlangte damit den Grad Diplom-Ingenieur, am 26.März 1968, nach der Dissertation, promovierte er zum Doktor techn. Von 1968 bis zur Pensionierung 1999 arbeitete er bei der Firma Boehringer Mannheim in Wien, zuletzt als Direktor für Diagnostica. Er bereiste in dienstlichem Auftrag die ganze Welt und war maßgeblich am stetigen Aufstieg von Boehringer Mannheim in Österreich beteiligt. Hatte er 1968 eine Abteilung mit drei Mitarbeitern und 4,8 Mill. öS Jahresumsatz übernommen, wies sie bei seiner Pensionierung fast 200 Mitarbeiter und eine gute Milliarde öS Jahresumsatz auf.

In der Pension begann er sich auch mit Ahnenforschung zu beschäftigen, wobei er auf Unterlagen seines Vaters und der Großtante seiner zweiten Frau, Bettina Zöhrer aufbauen konnte. Im Laufe der Zeit fand er so mehr als 2.300 Personen der Familien Fleischer, Helwich, Wendt, Peyerl, Allwardt, Döltl und Ehn, die er in ein selbstgeschriebenes Computerprogramm eingegeben hat.

Seine Forschungen bezogen sich auf Nordböhmen, Region Trautenau, Niederösterreich und viele andere Regionen. Dadurch kamen wir auch verwandtschaftlichen Beziehungen seiner zweiten Gattin mit Herrn Dkfm. Helmuth Tautermann und mir selbst auf die Spur.

Kennengelernt haben wir ihn ca. 2007 bei den Wiener Genealogen – Stammtischen (WGSt.), an denen er öfters teilgenommen hat. Gleich nach der Gründung, im Jänner 2009, trat er auch unserer Familia Austria bei, Mitglied Nr. 43. Arbeitsmäßig widmete er sich der Heimat seiner Vorfahren, Böhmen. U.a. erstellte er ein komplettes Verzeichnis aller Matriken von Prag, das auf unserer Netzseite abrufbar ist. Im ersten Halbjahr 2011 erfaßte er insgesamt 11.885 Datensätze der Verstorbenenlisten aus dem Prager Tagblatt für unser Projekt Periodica. Danach ging er an die Auswertung der Jahrgänge 1877 - 1880. Wir planen diese Analyse zu veröffentlichen. Seine schwere Krankheit, mit der er seit 2010 rang, verhinderte die Fortführung dieser Arbeit.

Sein Sohn wird die Familienforschung weiterführen.

Herr DI Dr. Heinrich Fleischer war ein hochgebildeter Mann und ein kompetenter und hilfsbereiter Kollege.

Er hinterläßt seine zweite Gattin Michaela, zwei Kinder aus erster Ehe und drei Enkel.

Wir werden ihm stets ein ehrendes Angedenken bewahren.

Günter Ofner, Wien, im Juni 2012