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 "Bella gerant alii, tu felix Austria nube.
Nam quae Mars aliis, dat tibi diva Venus."

("Kriege führen mögen Andere, du, glückliches Österreich, heirate.
Denn was Mars den Anderen gibt, verschafft dir die göttliche Venus.")

Das war ein Spottvers aus dem 17. Jahrhundert auf die höchst erfolgreiche Heiratspolitik des Hauses Habsburg. Spottvers deshalb, weil es damals als ehrenwert galt, sich Länder durch Kriege anzueignen. Heutzutage ist das ja glücklicherweise anders.

 

Aber stimmt das überhaupt, sehen wir uns die Faktenlage an.

Der 1273 neugewählte deutsche König Rudolph I. von Habsburg war ein regional mächtiger Graf in der heutigen Schweiz gewesen. 1278 gelang es ihm den böhmischen König Přemysl Ottokar II. zu besiegen und belehnte seine Söhne Albrecht I. und Rudolph II. 1282 mit den ehemals babenbergischen Ländern - im wesentlichen Niederösterreich, das östliche Oberösterreich, Wien und die Steiermark inkl. Untersteiermark, in denen es damals noch großen Besitz (Enklaven) der Bistümer Passau, Salzburg und Freising gab.
Diese Länder waren also nicht erheiratet.

Aber schon die Mutter und die Gattin Rudolphs I. (Heilwig, Comtesse von Kyburg bzw. Gertrud, Comtesse von Hohenberg) brachten nennenswerten Besitz mit: Teile der Kyburgischen Lande bzw. das Albrechtstal im Elsaß, nordwestlich von Schlettstadt. D.h. das Heiratsgeschick der Habsburger bestand bereits bevor sie Österreicher wurden.

1324 gelangte die strategisch wichtige Grafschaft Pfirt im Elsaß durch die Ehe der Erbin Johanna von Pfirt mit Herzog Albrecht II. von Österreich (Sohn König Albrechts I. und Enkel König Rudolphs I.) an die Habsburger. Erst 1648 verloren sie sie an Frankreich.

Die Erwerbung des Herzogthums Kärnten und der Krain 1335 erfolgte als Erbschaft, nachdem die Meinhardinger in männlicher Linie ausgestorben waren. Ebenso war es 1363 mit Tirol (ohne Trentino und dem Hochstift Brixen), das nach dem Tod Meinhard III. von seiner Mutter, der Meinhardingerin Margaretha ("Maultasch") den Habsburgern übergeben worden war. 1374 erbten die Habsburger die Windische Mark, 1456 die Besitzungen der Grafen von Cilli und ebenso 1500 beim Aussterben der Grafen von Görz auch deren Länder.

Aber dann begann der Reigen der großen Erwerbungen durch Heirat.

1. BURGUND 1477

Am 19. August 1477 heiratete Maximilian, Sohn von Kaiser Friedrich III. auf Schloß Ten Walle in Gent die Erbherzogin Maria von Burgund, Tochter Herzog Karls des Kühnen, des letzten Herzogs von Burgund, der kurz davor bei einem Eroberungszug gegen Lothringen gefallen war. Nach Marias Tod 1482 erbte ihr Sohn Philipp I. (+ 1506) den größten Teil dieses Länderkomplex (Flandern, Holland, Geldern, Brabant, Limburg, Namur, Hennegau, Luxemburg, Artois, St. Pol, die Freigrafschaft Burgund und Charolais - weitere burgundische Territorien fielen an Frankreich) von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze. De facto regierte dort aber sein Vater Maximilian I., seit 1486 deutscher König und seit 1508 Kaiser. Nach dessen Tod 1516 fielen diese burgundischen Lande an seinen Enkel Karl V. und nach der Teilung der Linien 1521 an die spanische Linie der Habsburger. Nach deren Aussterben 1700 und den folgenden Spanischen Erbfolgekrieg gelangte die Rest dieses Burgundischen Erbes (in etwa Belgien und Luxemburg) an die österreichische Linie der Habsburger, die sie dann 1797 an Frankreich abtreten mußten und dafür immerhin die Republik Venedig samt deren Besitzungen in Istrien, Dalmatien und Kotor erhielten. Istrien und Dalmatien (inl. Kotor) blieben bis 1918 habsburgisch - ein letztes Relikt der Burgundischen Hochzeit von 1477.

Das Burgundische Erbe war nicht nur flächenmäßig bedeutend, sondern auch und vor allem durch den Reichtum dieser Lande, besonders der späteren belgischen und niederländischen Provinzen Flandern und Holland.

Der 1430 vom burgundischen Herzog Philipp dem Guten begründete Orden vom Goldenen Vlies wird noch heute von den Habsburgern geleitet, es gibt aber auch einen spanischen Orden vom Goldenen Vlies, zurückgehend auf die spanischen Habsburger.

Die Burgundische Hochzeit bedeutete aber auch die Steigerung der schon vorher bestehenden Feindschaft mit dem Königreich Frankreich, das, als Nutznießer der Türkenkriege, allmählich bis zum Rhein vordringen konnte.

 

2. SPANIEN 1497 bzw. 1516

1496 heiratete der Habsburgerprinz und Herzog von Burgund Philipp I. der Schöne in Lier bei Antwerpen die Infantin Johanna, später "die Wahnsinnige" genannt, Tochter Königin Isabellas von Kastilien und König Ferdinands von Aragon (die katholischen Könige), die 1492 das Königreich Granada erobert hatten und Christoph Kolumbus in Richtung "Indien" ausgesandt. Im Folgejahr heirateten auch Johannas Bruder Johann (Juan) und Philipps Schwester Margarete. Diese wechselseitigen Hochzeiten sollten Frankreich zwischen Spanien und den habsburgischen Vorlanden "in die Zange nehmen". Johann starb aber schon 1497 und so wurde der Habsburger Philipp nach dem Tod Königin Isabellas 1504 gemeinsam mit seiner Gattin unplangemäß König von Kastilien, Leon und Granada.
Philipps und Johannas ältester Sohn, Kaiser Karl V. erbte dann 1516 auch vom mütterlichen Großvater Ferdinand II. das reiche Königreich Aragon, die Grafschaft Barcelona, die Königreiche Valencia, Neapel, Sardinien, Sizilien, Navarra usw. Damit war Spanien erstmals vereint und die Habsburger waren zur Weltmacht geworden. Karl V. war Römisch-deutscher Kaiser, Herrscher der österreichischen und burgundischen Erblande, König von Spanien samt dessen Kolonien in Mittel- und Südamerika. In seinem Reich ging tatsächlich "die Sonne nicht unter".

Mit diesem Kolonialreich begann aber auch die Konkurrenz zu den anderen europäischen Mächten mit Kolonialambitionen, ganz besonders mit England.
Und das von Spanien und den habsburgischen Niederlanden und habsburgisch Burgund fast eingekreiste Frankreich begann seine 300jährige Expansion nach Osten - bis an den Rhein.

 

3. BÖHMEN, UNGARN und KROATIEN 1526 bzw. 1527

Kaiser Maximilian I., der schon die Hochzeiten seiner Kinder Philipp und Margarete mit den Kindern der katholischen Könige von "Spanien" eingefädelt hatte und damit den Habsburgern letztlich das Spanische Weltreich verschafft, fädelte auch die Hochzeiten seiner Enkel ein. Bereits 1504 handelte er mit König Vladislav II. von Ungarn und Böhmen, einen Ehevertrag zwischen einem seiner Enkel (Karl bzw. Ferdinand) mit dessen Tochter Anna aus und als 1505 Maximilians Enkelin Maria zur Welt kam handelte er einen Ehevertrag "auf Verdacht" mit dem noch ungeborenen Sohn Vladislavs II. Ludwig aus. Auch hier gab es keine Erbschaftspläne, sondern den Versuch, Frieden zwischen den europäischen Großmächten zu stiften und gegen die näherrückende Türkengefahr zusammenzuarbeiten.

1515 kam es zur sogenannten "Wiener Doppelhochzeit". Kaiser Maximilian I., König Vladislav II. von Ungarn und Böhmen und dessen Bruder Sigismund, König von Polen und Großfürst von Litauen kamen in Wien zusammen und in einer prunkvollen Zeremonie im Stephansdom wurden die Kinder bzw. Enkel getraut. Mit einer Ausnahme, denn keiner der männlichen Enkel Maximilians war anwesend, also heiratete Maximilian "in Stellvertretung" für seine Enkel die ungarisch-böhmische Prinzessin Anna, damals noch keine 12 Jahre alt. Natürlich waren das symbolische Hochzeiten, denn beide Brautpaare waren ja noch Kinder.
Bezahlt haben diese siebentägigen Feiern (54.000 Gulden) übrigens die Fugger in Augsburg, die dafür die Ausbeute der Tiroler Kupferminen für die nächsten sechs Jahre erhielten.

1521 heiratete der nun 18jährige Ferdinand von Habsburg in Linz die 17jährige Anna von Ungarn. Ein Jahr später heiraten auch Ludwig von Ungarn und Maria von Österreich. Beide Ehen wurden glücklich. Der Ungarnkönig Ludwig II. fiel aber schon 1526 in der Türkenschlacht bei Mohacs. Da er keine Kinder hatte trat nun der ungeplante Erbfall ein, der letztlich zur Bildung der Donaumonarchie führte. Ferdinand I., damals erst Erzherzog von Österreich, Herzog der Steiermark usw. wurde von seinem Bruder Kaiser Karl V. sofort mit Böhmen belehnt. Das war insofern legal, weil Böhmen ja zum Heiligen Römischen Reich gehörte. Freilich mußte noch der Böhmische Landtag zustimmen, was mit Hilfe großzügiger Zahlungen an die mächtigen böhmischen Adelsfamilien gelang. Damit wurde Ferdinand nicht nur König von Böhmen, sondern auch Herrscher der böhmischen Nebenlande, also Markgraf von Mähren, Herzog von Schlesien (wo allerdings auch noch Nebenlinien der Piasten herrschten) und Markgraf der Ober- und Niederlausitz.

Auch der ungarische Landtag wählte Ferdinand zum König, allerdings hatte er dort mit dem Wojewoden von Siebenbürgen, damals ein ungarisches Nebenland, Johann Zápolya, einen gefährlichen Konkurrenten, der sich ebenfalls König von Ungarn nannte. Da dieser von den Osmanen unterstützt wurde, trat schließlich die Dreiteilung Ungarns ein, die erst nach der zweiten Wiener Türkenbelagerung mit dem "Frieden von Karlowitz" (1699) beendet worden ist. D.h. Ferdinand I. und seine Nachfolger erbten mit Ungarn auch die Türkenabwehr, an der König Ludwig gescheitert war und damit 266 Jahre Türkenkriege, die auch die österreichischen Lande grundlegend verändern sollten. Streng genommen war erst Kaiser Karl VI. ab 1718 ("Friede von Passarowitz") tatsächlich König von ganz Ungarn.

Problemloser war dagegen die Nachfolge in Kroatien. 1527 wählte das kroatische Adelsparlament, der Sabor, Ferdinand I. in der Charta von Cetingrad zum König von Kroatien und Slawonien. Im Gegenzug sagte Ferdinand Hilfe gegen die Türken zu. Slawonien ging in der Folge großteils an das Osmanische Reich verloren und kommte erst 1699 zurückgeholt werden. (Alt)-Kroatien blieb aber immer habsburgisch, war das wichtige südliche Bollwerk gegen die Türken, selbst 1848/48 loyal zu Habsburg und bis 1918 Teil der Donaumonarchie.

Auch hier bedeutete diese Erwerbung durch Heirat also letztlich jahrhundertelange Kriege, die Habsburg aber letztlich gewinnen konnte.

 

4. LOMBARDEI 1535

Nach dem frühen Tod seiner Gattin Maria von Burgund (1482) heiratete König Maximilian I. 1494 in Hall in Tirol Bianca Maria Sforza, die Tochter des Herzogs der Lombardei Galeazzo Maria Sforza. Auf Grund dieser Ehe erbte sein Enkel Kaiser Karl V. 1535 das reiche Herzogthum Mailand, das mit einer Unterbrechung (1797 - 1814) bis 1859 habsburgisch blieb.

 

5. PORTUGAL 1580

1543 heiratete der spanische Kronprinz Philipp, der spätere König Philipp II., Sohn Kaiser Karls V. die portugisische Prinzessin Maria. Nachdem ihr Neffe König Sebastian III. 1578 kinderlos in einer Schlacht in Marokko gefallen war und dessen Bruder Kardinal Heinrich I. nach zweijähriger Herrschaft gestorben war, erbte König Philipp II. von Spanien auch Portugal samt allen Außenbesitzungen (u.a. Timor, Macao, Stützpunkte in Angola, Mosambik und Indien). Philipp II. war damit der erste Herrscher des gesamten Iberischen Halbinsel seit der Römerzeit. Philipps Hochzeit war aber nur mehr der letzte Mosaikstein, denn schon Philipps Mutter Isabella von Portugal, Gemahlin von Kaiser Karl V. (oo 1526), war die Tochter von König Manuel von Portugal; Isabellas Bruder, König Johann III. von Portugal war mit Karls Schwester Katharina von Kastilien verheiratet (1525) und Karls Schwester Eleonora war 1519 die dritte Frau König Manuels von Portugal geworden.

 

In nur 103 Jahren hatten die Habsburger also weitere Teile Europas erheiratet und darüberhinaus ein rasch wachsendes Kolonialreich in Amerika, Asien und Afrika. Auch wenn viele dieser seit 1477 erheirateten Länder später wieder verloren gingen, entstand dadurch doch ein großer Länderkomplex, der die Habsburger, aufgeteilt in eine spanische und mehrere österreichische Linien, zur mächtigsten Dynastie Europas machte, die über 100 Jahre ihre Stellung hielt. Dann, nach dem Aussterben der spanischen Linie im Jahr 1700, blieb Österreich eine europäische Großmacht bis 1918.

 

Die glückliche Heiratspolitik der Habsburger war aber damit noch nicht zu Ende.

6. LOTHRINGEN - TOSKANA

1736 heiratete die habsburgische Erbprinzessin Maria Theresia in Wien Franz Stephan, den Herzog von Lothringen und Bar. Dieser mußte aber schon 1737 sein 1729 geerbtes traditionsreiches Herzogthum, Lothringen war eines der fünf Gründer-Herzogthümer des Ottonischen Reiches im 10. Jahrhundert gewesen, auf Druck der europäischen Großmächte eintauschen.

Die Herzogthümer Lothringen und Bar fielen an Stanislaus I. Leszczyński, den abgesetzten König von Polen mit der Option, daß diese Länder nach seinem Tod an Frankreich fallen sollten, was 1766 auch geschah.

Franz Stephan erhielt als Ausgleich dafür das Großherzogthum Toskana, das nach dem Aussterben der Medici, vacant geworden war. Dieses Großherzogthum wurde aber nie direkt an Österreich angeschlossen, sondern nach dem Tod von Franz Stephan 1765 von habsburgischen Nebenlinien regiert. Es blieb, mit Ausnahme der Napoleonischen Jahre, bis 1860 habsburgisch. Ebenso wie die Lombardei und der Kirchenstaat war es ein wichtiger Faktor der habsburgischen Dominanz in Ober- und Mittelitalien.

1802 zwang der siegreiche Napoleon Großherzog Ferdinand III. von Toskana, einen Enkel Kaiser Franz Stephans und Sohn Kaiser Leopolds II., sein Land an den Erbprinz Ludwig von Parma abzutreten, dessen Land wiederum an eine Schwester Napoleons fiel. Ferdinand III. wurde dafür 1803 zum Kurfürsten von Salzburg ernannt. Dort war der Fürsterzbischof durch die Säkularisierung von 1803 seiner weltlichen Macht entkleidet worden, ebenso seine Kollegen in Eichstätt, Passau und Berchtesgaden. Aus den Territorien des ehemaligen Fürsterzbistums Salzburg, der Fürstpropstei Berchtesgaden, dem Hochstift Eichstädt und Teilen des Hochstiftes Passau entstand dieses kurzlebige Kurfürstentum Salzburg. Mit den weiteren Erfolgen Napoleons 1805 und der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches 1806 erlosch es bereits wieder und die salzburgischen und berchtesgadner Territorien fielen direkt an Österreich, 1810 dann an Bayern und 1816 wieder an Österreich. Lediglich das Berchtesgadner Land und der "Rupertiwinkel" (um Freilassing, Laufen und Tittmoning) kamen an Bayern.

So gesehen ist das heutige österreichische Bundesland Salzburg eine Folge der lothringischen Hochzeit "Kaiserin" Maria Theresias.
Ferdinand III., der von 1806 - 1814 als Großherzog von Würzburg (ebenfalls ein säkularisiertes Hochstift) eine Schaukelpolitik zwischen Paris und Wien betrieben hatte, erhielt 1816 übrigens sein Großherzogthum Toskana zurück.  

 

 

Die folgenden habsburgischen Erwerbungen: Galizien 1772, Bukowina 1775, Innviertel 1779, Trient und Brixen 1803, Krakau 1846 und Bosnien-Herzegowina 1878/1908 hatten mit Heiratspolitik nichts oder wenig zu tun.

 

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