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Josef Heider hat seiner Übersicht aller von ihm bearbeiteten Pfarren und Matrikelbücher eine sehr interessante und lesenswerte Einführung zur den Matrikeln vorangestellt. Diese Einführung wird hier, losgelöst von der Gesamtdarstellung, als ein eigenes Dokument dargestellt. Die Gesamtübersicht finden Sie unter Verzeichnis der Heider-Register.
Sepp Asanger, Linz


Einführung

Zwecks Anfertigung einer Liste über die im 17. Jahrhundert im Mühlviertel und im Salzkammergut vorkommenden Familiennamen, wurden die ältesten Matrikelbände der Pfarren dieser Gebiete durchgesehen und bei dieser Gelegenheit ausführliche alphabetisch-chronologische Register angelegt.

Die Herstellung der Grundlagen für diese Arbeit konnte nun, nach fast dreissigjährigem Bemühen beendet werden. Von den Registerbänden erhielt das Original die genannte Pfarre, eine Kopie das zuständige Dekanat und je eine Kopie wurde beim oberösterreichischen Landesarchiv in Linz und bei der Gesellschaft "Adler" in Wien hinterlegt.

Die ältesten Pfarrmatrikeln, deren Beginn vor dem Jahre 1624, dem Jahr der Gegenreformation, liegt, sind fast durchwegs Aufzeichnungen aus der protestantischen Zeit. Sie enden meist im Oktober 1624, dem Monat der Austreibung der Pastoren und der protestantischen Schulmeister. Die anschliessende Lücke in den Aufzeichnungen lässt deutlich erkennen, dass hier wohl eine strenge kaiserliche Verordnung wirksam wurde, dass aber die zuständigen Verwaltungsstellen, das Ordinariat zu Passau und die Hofkammer zu Prag nicht imstande waren, diese Massnahme vorzubereiten. Es gab kaum Priester, welche die nun vakanten Pfarren übernehmen konnten. In manchen Pfarren wurden wüste Militärgeistliche eingesetzt. Viele dieser Seelsorgestationen blieben bis in Mitte der Dreissiger-Jahre unbesetzt. Sie mussten notdürftig von den benachbarten Pfarren aus Versehen werden. Dazu kommt, dass die Bevölkerung, welche schon durch zwei oder drei Generationen der Lehre Luthers anhing, von einer katholischen Religionsausübung kaum mehr eine Ahnung hatte. Wenn man auch das damalige Recht (oder Unrecht) des Landesfürsten, seinen Untertanen die Religion vorschreiben zu können, welcher sie angehören zu hatten, zu Gute hält, so war doch der von einem auf dem anderen Tag anbefohlene Religionswechsel barbarisch. Die Bevölkerung hatte sich mit neuen Formen von Messe, Beichte und Kommunion abzufinden, Formen die ihr völlig fremd waren. Auch hier hatte die Hofkammer völlig versagt.

Die Folgen zeigten sich im kurz darauf (1626) ausbrechendem Bauernkrieg. Die Klöster und Pfarrhöfe waren die Leidtragenden. Sie wurden zum Teil zerstört und ausgeplündert. Die Pfarrer, soweit sie schon den nunmehr katholischen Pfarren vorstanden, wurden vertrieben oder ergriffen die Flucht. Auch diese Zustände sind deutlich an den Lücken in den Aufzeichnungen der Kirchenbücher des Jahres 1626 zu erkennen.

In weiterer Folge zogen Prädikanten durchs Land, welche in abgelegenen Häusern Gebetsstunden abhielten und Kinder tauften. Diese Übung war besonders im Salzkammergut stark verbreitet und es ist auffallend, dass gerade in diesem Gebiet viele Eintragungen über Taufen in den katholischen Matrikeln fehlen. Diese Lückenhaftigkeit ist bis in die Zeit des josephinischen Edikts nachzuweisen, ein Umstand, der Nachforschungen sehr erschwert.

Die kurzgefassten Notizen in den Matrikeln entwickelten sich weiter und wurden in fast allen Pfarren zu ausführlichen Protokollen über Abkunft und Herkunft, wobei auch den Paten und den Trauzeugen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dann aber kam das Jahr 177o, in dem auf Grund einer kaiserlichen Verordnung geschlossene Ortschaften gebildet und die ihnen zugeteilten Häuser numeriert wurden. Damit im Zusammenhang griff der Staat auch in die Matrikelführung ein. Anstelle der kleinen ausführlichen Protokolle wurde ein Raster eingeführt, dessen Rubriken keinen Platz für Ausführlichkeit boten. Neu war die Einführung eines Taufbuches für uneheliche Kinder, in welches der von der Mutter angegebene Vater nicht eingetragen werden durfte.

Nun war es seit uralten Zeiten Sitte und Brauch, dass ein uneheliches Kind den Namen seines Vaters erhielt und dass es daher unter dem Vaternamen getauft und begraben und eventuell auch getraut wurde. Nach der neuen Verordnung wurde nun ein uneheliches Kind unter dem Namen der Mutter getauft, es wurde aber traditionsgemäss nach dem Namen des Vaters genannt und heiratet schliesslich auch unter dem Namen seines Vaters. Damit nehmen Nachforschungen ein jähes Ende. Weggelegte Kinder, die sogenannten Findlinge, wurden zu allen Zeiten nach der Fundstätte, wie Fenster, Staffel, Stein, Schnee usw. benannt. Vor dem Jahre 177o wurden uneheliche Kinder nur dann nach dem Namen der Mutter getauft, wenn der Vater (Soldat) unbekannt geblieben war oder wenn das Kind als Folge einer Schändung zu Welt kam.

So ging es weiter bis zur josephinischen Pfarreform des Jahres 1784. Der Raster der Matrikelbände wurde stark verändert, die Ausführlichkeit der Notizen jedoch keineswegs vermehrt. Die katholischen Pfarrämter wurden mit der Standesführung in allen österreichischen Erbländern betraut. Dementsprechend wurden im neuen Raster neben anderen Rubriken für die damals in Österreich zugelassenen Religionen (Kath., Prot., Mosai. und Moham.) eingerichtet. Trotz des Edikts durften die Protestanten ihre Standesfälle nicht selbst in eigenen Matrikeln festhalten, sondern mussten sie dem katholischen Pfarramt melden, eine Verpflichtung, die besonders im Salzkammergut zu heftigen Streitereien führte. Das Taufbuch für uneheliche Kinder wurde aufgelassen und an seiner Stelle wurden die Rubriken "ehelich" und "unehelich" vorgeschrieben. In vielen Pfarren wurden jedoch diese Bücher noch einige Zeit weitergeführt. Auf die Anfrage eines Pfarrers an Passau, was nun mit dem "Geheimen Taufbuch" geschehen solle, wurde ihm mitgeteilt, "es sei mit kaiserlicher Verordnung vom April 1784 aufgelassen worden, doch könne es nicht schaden, es weiterzuführen. Die Kinder der Sünde waren damals nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche minderberechtigt.

Im Raster des Trauungsbuches wurden neben anderen die Rubriken "Ortschaft" und Hausnummer eingeführt, von welcher Adresse heute nur mehr in ganz seltenen Fällen zu erkennen ist zu welcher der beiden Brautpersonen sie gehört. Dass jeder der beiden Brautleute doch irgendwo zu Hause war, schien man in der Hofkammer beim Entwurf der Verordnung nicht beachtet zu haben. Dass sich die Matrikelschreiber damals an eine bestimmte Regel gehalten haben ist klar, doch heute ist sie vergessen. Neben den Angaben "ledig", "verwitwet" erhielt auch das Alter eine eigene Rubrik.

Im Totenbuch wurde eine Rubrik zum Vermerk der Todesursache geschaffen. Sie musste vom Bader oder von einer "geeigneten Person" dem Pfarrer oder dem Matrikelschreiber mitgeteilt werden. Diese Vorschrift sollte klären, ob der Abgeschiedene eines natürlichen Todes oder als Opfer eines Verbrechens gestorben war. in dieser Massnahme ist der Beginn unserer heutigen amtlichen Totenbeschau zu erblicken.

Nach einem späteren Zusatz zur Verordnung durfte der Vater eines unehelichen Kindes in der Taufmatrik vermerkt werden, wenn er sich vor dem Pfarrer und drei ehrlichen Männern als Vater des Kindes bekannte. Dieses Bekennertum trat natürlich nur selten auf. Man wollte verhindern, dass die losen Mädchen, welche auf mehrere Väter für ihr Kind zurückgreifen konnten, jenen zum Vater machten, der unter den Anwärtern der reichste war. Im Salzkammergut werden in solchen Fällen bis zu sechs Väter in der Matrik verewigt. Auch hier ist die Forschung zu Ende.

Der 1784 verordnete Raster in den Kirchenbüchern, mit seinen bescheidenen Angaben zur Person, hielt sich bis um das Jahr 1825. Jetzt erst entdeckte die Hofkammer, dass die bescheidenen Angaben der Standesführung nicht genügten und nun wurde die Führung der Pfarrmatrikeln in der ausführlichsten Weise angeordnet, welche sich bis in unsere Tage erhalten hat. Im Jahre 1938 übernahmen die Standesämter die gesamte Standesführung, während die Ämter der verschiedenen Religionen nur die Standesfälle ihrer Glaubensgenossen registrieren.